Servus zusammen,
das Thema ist bestimmt schon 1000 mal auf mikrocontroller.net und in anderen Foren diskutiert worden. Ich habe auch im Wiki mal ein paar Links gesammelt, die helfen können, wenn man sich in die Materie einarbeitet.
Allerdings muss ich sagen: so 100% sicher bin ich mir nicht, ob ich das alles richtig verstanden habe und interpretiere, weil allermeistens auf Regeln und Normen verwiesen wird, die alles Regeln. Ich will aber für unsere aktuellen Selfbus-Geräte das nochmal konkret wissen ...
Daher werfe ich die Frage mal in die große Runde: was genau sind die Mindestanforderungen für unsere Applikationsplatinen, wenn die mit 230V arbeiten sollen? Wir haben z.B. schon seit Ewigkeiten die 8out-Platinen für die Omron-Relais. Mit der Ansage, dass zumindest auf einer Seite nur dieselbe Phase verwendet werden darf.
Außerdem gibt es die Platinen für den 8out 16A bistabil - da gibt es Fräsungen, um eine bessere Isolation zu gewährleisten.
Aber welche Abstände gelten nun zwingend? Das konnte ich nirgendwo lesen - und die ganzen Quellen, die ich finde, sind interpretationswürdig. Müssen die Fräsungen sein? Sind die Vorsichtsmaßnahmen?
Um den Scope einzuschränken:
- es geht um die Mindestabstände L / N, L1 / L2 und L / SELV
- auf einer Leiterplatine in einem Gehäuse wie dem H-Tronic in einem Verteilerschrank (also trockene, verschmutzungsfreie Umgebung)
- Platinen mit 1,6mm, typischerweise von Aisler, JLCPCB oder PCBWay
Grüße
Christian
Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Ich pushe das Thema nochmal in Erinnerung.
Hintergrund, warum ich da nochmal darauf herumreiten möchte, sind die Applikationsplatinen der 8-fach Schaltaktoren mit 16A.
Es gibt da inzwischen verschiedene Versionen und Varianten.
Die eine "klassische" hat sich so entwickelt:
https://github.com/selfbus/hardware-mer ... b_4MU_v2.2
Die Fräsungen sind 2mm breit.
Es ist praktisch eine Fortführung der Version, die es so um ca. 2017 schon gab und es gibt im Wiki den Hinweis, dass man für alle Kanäle dieselbe Phase verwenden sollte.
Hier schon meine erste Frage: müsste es heißen, dass man dieselbe Phase verwenden muss? Oder könnte man hier eben verschiedene Phasen nutzen (L1 für Kanal 1 und 2; L2 für Kanal 3 und 4, etc.)?
Dann gibt es aber auch eine neuere Platine mit Trennungen (Fräsungen) auch zwischen allen Kanälen:
https://github.com/selfbus/hardware-mer ... erated_4MU
Die Fräsungen sind 1,28mm breit.
Mir persönlich bereitet diese zweite Version aus mehreren Sichten Bauchschmerzen:
- reichen so schmale Fräsungen?
- die Fahrstuhlklemmen (PTR AKZ700) haben eine Zulassung für nur 250V
Wäre cool, wenn sich hier nochmal die Experten zu Wort melden könnten.
-Fräsungen ja / nein? Bringen die wirklich mehr Sicherheit?
- Welche Abstände / Fräsungen bräuchte man, um 2 unterschiedliche Phasen sicher in einem Aktor nebeneinander nutzen zu können (wie machen das andere?)
- was machen wir mit den bestehenden PCBs im Github? Überarbeiten? Löschen?
- wie müssen wir die Hinweise im Wiki anpassen?
Beste Grüße
Christian
Hintergrund, warum ich da nochmal darauf herumreiten möchte, sind die Applikationsplatinen der 8-fach Schaltaktoren mit 16A.
Es gibt da inzwischen verschiedene Versionen und Varianten.
Die eine "klassische" hat sich so entwickelt:
https://github.com/selfbus/hardware-mer ... b_4MU_v2.2
Die Fräsungen sind 2mm breit.
Es ist praktisch eine Fortführung der Version, die es so um ca. 2017 schon gab und es gibt im Wiki den Hinweis, dass man für alle Kanäle dieselbe Phase verwenden sollte.
Hier schon meine erste Frage: müsste es heißen, dass man dieselbe Phase verwenden muss? Oder könnte man hier eben verschiedene Phasen nutzen (L1 für Kanal 1 und 2; L2 für Kanal 3 und 4, etc.)?
Dann gibt es aber auch eine neuere Platine mit Trennungen (Fräsungen) auch zwischen allen Kanälen:
https://github.com/selfbus/hardware-mer ... erated_4MU
Die Fräsungen sind 1,28mm breit.
Mir persönlich bereitet diese zweite Version aus mehreren Sichten Bauchschmerzen:
- reichen so schmale Fräsungen?
- die Fahrstuhlklemmen (PTR AKZ700) haben eine Zulassung für nur 250V
Wäre cool, wenn sich hier nochmal die Experten zu Wort melden könnten.
-Fräsungen ja / nein? Bringen die wirklich mehr Sicherheit?
- Welche Abstände / Fräsungen bräuchte man, um 2 unterschiedliche Phasen sicher in einem Aktor nebeneinander nutzen zu können (wie machen das andere?)
- was machen wir mit den bestehenden PCBs im Github? Überarbeiten? Löschen?
- wie müssen wir die Hinweise im Wiki anpassen?
Beste Grüße
Christian
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Prinzipiell, und damit keine Missverständnisse aufkommen, würde ich maximal unterschiedliche Phasen oben bzw. unten am Hutschienengehäuse zulassen.
Der erste Entwurf hält die Mindestabstände ganz gut ein. Die Fräsungen sind eigentlich unnötig (schaden aber auch nicht), da bereits die Mindestluftstrecke eingehalten wird. Mehr Luft dazwischen wird es auch mit Fräsung nicht.
Auch der Trick mit den 2er Gruppen ist genial, weil das auf die selbe Phase zwingt und immer noch eine zweite Klemme zum Schleifen der Phase vorhanden ist.
Fraglich ist aber ob die Busklemme auf der Seite so OK ist. Die Busklemmen sollten optimaler Weise immer alle oben oder unten liegen. Das müsste eigentlich in die Design Regeln mit rein.
Und trotzdem wäre ich für "immer nur eine Phase pro Seite". Und zwar, weil es zu gut doppelt hohen Spannungsspitzen im Netz kommen kann. Ich habe jetzt zum zweiten Mal einen Shelly 3EM gesehen, bei dem sich die Versorgungsdioden (die von je einer Phase zusammen führen) explosionsartig verabschiedet hatten, weil die Chinesen nur 800V-Typen vorgesehen haben.
Das untere Design ist recht merkwürdig umgesetzt. Die Klemmgruppen erschließen sich mir nicht und die letzte Klemme gerät ohne Not zu dicht an die Busklemme. Hier sind 6mm Luftstrecke Pflicht. Die untere Variante würde ich deshalb verwerfen.
Der erste Entwurf hält die Mindestabstände ganz gut ein. Die Fräsungen sind eigentlich unnötig (schaden aber auch nicht), da bereits die Mindestluftstrecke eingehalten wird. Mehr Luft dazwischen wird es auch mit Fräsung nicht.
Auch der Trick mit den 2er Gruppen ist genial, weil das auf die selbe Phase zwingt und immer noch eine zweite Klemme zum Schleifen der Phase vorhanden ist.
Fraglich ist aber ob die Busklemme auf der Seite so OK ist. Die Busklemmen sollten optimaler Weise immer alle oben oder unten liegen. Das müsste eigentlich in die Design Regeln mit rein.
Und trotzdem wäre ich für "immer nur eine Phase pro Seite". Und zwar, weil es zu gut doppelt hohen Spannungsspitzen im Netz kommen kann. Ich habe jetzt zum zweiten Mal einen Shelly 3EM gesehen, bei dem sich die Versorgungsdioden (die von je einer Phase zusammen führen) explosionsartig verabschiedet hatten, weil die Chinesen nur 800V-Typen vorgesehen haben.
Das untere Design ist recht merkwürdig umgesetzt. Die Klemmgruppen erschließen sich mir nicht und die letzte Klemme gerät ohne Not zu dicht an die Busklemme. Hier sind 6mm Luftstrecke Pflicht. Die untere Variante würde ich deshalb verwerfen.
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Wie meinst du das?Fraglich ist aber ob die Busklemme auf der Seite so OK ist. Die Busklemmen sollten optimaler Weise immer alle oben oder unten liegen. Das müsste eigentlich in die Design Regeln mit rein.
Die anderen Aktoren (8out 10 A, 4fach Jalo) haben die Busklemme auch oben rechts, wenn das Gehäuse auf der Hutschiene klemmt.
Mit Designregeln meinst du unsere Selfbus-Regeln, wie man typischerweise ein Gerät baut?
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Ja genau, wie man ein neues Gerät plant.
Mir war nur aufgefallen, dass die Abbildungen oben die Busklemme an jeweils der entgegengesetzten Ecke haben. Welche jetzt typischer ist, konnte ich mangels Gehäuse nicht feststellen. Habe keine Aufbaufotos gefunden.
Mir war nur aufgefallen, dass die Abbildungen oben die Busklemme an jeweils der entgegengesetzten Ecke haben. Welche jetzt typischer ist, konnte ich mangels Gehäuse nicht feststellen. Habe keine Aufbaufotos gefunden.
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Hallo,
ich wollte ja auch noch was zu dem Thema schreiben. Also nun endlich.
Im Folgenden betrachte ich das ganze Thema hauptsächlich für das Platinenlayout.
Was wollen wir erreichen:
Auf der einen Seite Sicherheit gegen elektrischen Schlag. Das ist erst mal direkt bei Berührung des Gerätes, auch wenn unsere Geräte hauptsächlich in Unterverteilungen oder Unterputzdosen eingebaut werden. Oder indirekt, wenn es um die Isolierung zu anderen Stromkreisen geht, die dann wiederum potentiell berührbar sind bzw selbst keine sichere Trennung gegenüber dem Menschen mitbringen. Das ist der KNX-Bus selbst, eine Ethernet- oder Programmierschnittstelle.
Dann gibt es die Betriebssicherheit, also beispielsweise soll eine Isolierung zwischen aktivem Leiter und Neutralleiter bzw. zwischen verschiedenen Außenleitern nicht versagen. Denn das würde in einem Schaltgerät, dass selbst keine Maßnahmen zur Begrenzung eines dann fließenden Fehlerstroms hat, ziemlich doof werden.
Als letztes wären dann Isolierungen, die nur für die korrekte Funktion wichtig sind, aber in keine der wichtigeren Kategorien fallen. Prominentestes Beispiel: Das ein abgeschalteter Ausgang wirklich abgeschaltet bleibt. Aus Sicht "Sicherheit gegen elektrischem Schlag" spielt das in den meisten Fällen keine Rolle. Damit werden hier auch geringere Anforderungen gestellt.
Schutz gegen elektrischen Schlag bedeutet bei uns eigentlich immer doppelte/verstärkte Isolierung. Die Bildung von Kriechwegen muss verhindert werden und es werden erhöhte Anforderung gegen Überschlag bei Überspannungspulsen verlangt.
Isolierung zwischen L-N bzw L-L muss ebenfalls Kriechwegbildung verhindern und es werden "normale" Anforderungen gegen Überschlag gestellt. Das ist dann Basisisolierung. Ein interessanter Sonderfall ist Schutz gegen elektrischen Schlag bei Arbeiten an der Elektrik. Also du schaltest einen Stromkreis spannungsfrei und fasst dann elektrische Leiter an. Dann muss die Abschaltung und die Isolierung gegen andere Stromkreise, zumindest meiner Erinnerung nach, dem Niveau von Basisisolierung entsprechen.
Bei rein funktionaler Isolierung bleibt eigentlich nur Verhinderung der Kriechwegbildung und ein geringer Schutz gegen Überschlag bei Überspannung. Wenn man in Relaisdatenblätter guckt, stehen da oft auch nur Werte wie 1000V AC (bei den großen HFE10 sind es 1500V) über offenen Kontakten. Und das auch nur im Neuzustand.
Aus der Sicht der entsprechenden Normen: EN61010-1 (Sicherheitsbestimmungen für elektrische Mess-, Steuer-, Regel- und Laborgeräte) bzw EN60664-1 (entspricht der nationalen VDE 0110, Isolationskoordination für Niederspannungsgeräte):
Es gibt die Kriechstrecken auf den Oberflächen von Isolierungen. Diese müssen groß genug sein, um eine Kriechwegbildung zu verhindern. Die Kriechstrecken sind abhängig von der Verschmutzungsklasse (normalerweise 2) und der Dauerspannungsbelastung.
Es gibt die Luftstrecken, also die kürzeste Entfernung in Luft. Das kann auch an Oberflächen entlang oder durch nicht wirksam verschlossene Spalte hindurch sein. Die Beständigkeit gegen einen Überschlag durch einen Überspannungspuls wird durch die Luftstrecke bestimmt. Abhängig ist die notwendige Luftstrecke von der Überspannungskategorie (bei uns III für Teile der Festinstallation), aus der sich zusammen mit der Netzspannung die Höhe zu bestehender Überspannungen ableiten lässt.
Diese beiden Größen werden unabhängig voneinander bestimmt und die größere Strecke bestimmt dann die Anforderung.
Die Kriechstrecken:
Bei Verschmutzungsgrad 2 und auf Platinen mit mindestens Isolierstoffgruppe IIIa oder besser (was bei FR4-Platinen eigentlich immer sein sollte) ergeben sich für:
(EN60664-1:2020, Tabelle F.5)
Spannung <=250V Effektivwert
Basisisolierung 1mm
Doppelte/verstärkte Isolierung 2mm
Und falls wir den Fall von zwei verschiedenen Phasen direkt benachbart betrachten: <=400V Effektivwert
Basisisolierung 2mm
Eine Frage waren ja auch Einfräsungen in Platinen. Ja, man kann sie nutzen, um Kriechstrecken zu unterbrechen. Bei Verschmutzungsgrad 2 rechnet man, dass die Kriechstrecke Nuten kleiner als 1mm überspringt, bei gleich oder größer 1mm wird die Strecke entlang der Kontur der Nut gerechnet. Für eine komplette Fräsung wird also die Strecke außen um die Fräsung gerechnet, wobei streng genommen am Ende der Fräsung dort, wo die Fräsung kleiner 1mm wird, diese übersprungen wird. Diese Abkürzung zählt dann aber auch zur Kriechstrecke.
Die Luftstrecken werden anhand der höchsten, auch nur kurzzeitig auftretenden Überspannung ausgelegt. Das sind im Netzspannungsbereich die Bemessungs-Stoßspannungen. Bei einem Spannungsversorgungssystem 230V/400V Dreiphasen und Überspannungskategorie III ist die Bemessungs-Stoßspannung 4000V (EN60664-1:2020, Tabelle F.1). Dies ist unabhängig davon, ob zwischen zwei Phasen, oder Phase und Neutralleiter.
Daraus ergibt sich für die Luftstrecke (EN60664-1:2020, Tabelle F.2, inhomogenes Feld, bis 2000m über Meereshöhe)
Basisisolierung 3,0mm
Doppelte/verstärkte Isolierung 5,5mm
(Für die verstärkte Isolierung wird von den 4kV aus der nächst höhere Spannungswert der bevorzugten Spannungen genommen, das sind 6kV.)
Wieviel Luftstrecke man zwischen Leiterbahnen offener Relaiskontakte haben sollte, ist jetzt nicht so einfach. Die Spannungsbeständigkeit der (offenen) Relaiskontakte wird meist als Effektivwert einer Wechselspannung für 1 Minute angegeben. Die EN60664-1 bzw EN61010-1 geben geforderte Luftstrecken in Abhängigkeit der Stoßspannungen an.
EN60664-1:2020, Tabelle A.1 zeigt jedoch auch rein informativ Abstände gegen Spannung und Stoßspannung.
Dort erreicht man mit 1,0mm eine Dauerspannungsfestigkeit von 1,06kV und mit 2,0mm 1,68kV (Effektivwerte). In der Zeile mit 3,0mm sind auch 4,07kV Stoßspannungsfestigkeit zu lesen, was mit den Werten aus F.2 übereinstimmt.
Man könnte daraus schlussfolgern, dass man bei einem Relais mit 1kV Spannungsfestigkeit über den (offenen) Kontakten mindestens 1,0mm Luftstrecke, bei 1,5kV 2,0mm einplanen sollte für die beiden Leiterbahnen der Kontakte zu sich selbst. Die Kriechstrecke für 250V sind auch nur 1mm.
Vom Gefühl her würde ich doch mehr nehmen als 1mm...
Bei Basis- und auch doppelter/verstärkter Isolierung werden die benötigten Abstände von der Luftstrecke bestimmt, die notwendigen Werte sind deutlich größer als die Kriechstrecke.
Und damit wird auch klar: Fräsungen bringen in diesen Fällen nichts. Es sei denn man steckt in die Fräsung noch was rein, was die Luftstrecke vergrößert. (Das gibt's tatsächlich in besonders kompakten (Handy-)Netzteilen.)
ich wollte ja auch noch was zu dem Thema schreiben. Also nun endlich.
Im Folgenden betrachte ich das ganze Thema hauptsächlich für das Platinenlayout.
Was wollen wir erreichen:
Auf der einen Seite Sicherheit gegen elektrischen Schlag. Das ist erst mal direkt bei Berührung des Gerätes, auch wenn unsere Geräte hauptsächlich in Unterverteilungen oder Unterputzdosen eingebaut werden. Oder indirekt, wenn es um die Isolierung zu anderen Stromkreisen geht, die dann wiederum potentiell berührbar sind bzw selbst keine sichere Trennung gegenüber dem Menschen mitbringen. Das ist der KNX-Bus selbst, eine Ethernet- oder Programmierschnittstelle.
Dann gibt es die Betriebssicherheit, also beispielsweise soll eine Isolierung zwischen aktivem Leiter und Neutralleiter bzw. zwischen verschiedenen Außenleitern nicht versagen. Denn das würde in einem Schaltgerät, dass selbst keine Maßnahmen zur Begrenzung eines dann fließenden Fehlerstroms hat, ziemlich doof werden.
Als letztes wären dann Isolierungen, die nur für die korrekte Funktion wichtig sind, aber in keine der wichtigeren Kategorien fallen. Prominentestes Beispiel: Das ein abgeschalteter Ausgang wirklich abgeschaltet bleibt. Aus Sicht "Sicherheit gegen elektrischem Schlag" spielt das in den meisten Fällen keine Rolle. Damit werden hier auch geringere Anforderungen gestellt.
Schutz gegen elektrischen Schlag bedeutet bei uns eigentlich immer doppelte/verstärkte Isolierung. Die Bildung von Kriechwegen muss verhindert werden und es werden erhöhte Anforderung gegen Überschlag bei Überspannungspulsen verlangt.
Isolierung zwischen L-N bzw L-L muss ebenfalls Kriechwegbildung verhindern und es werden "normale" Anforderungen gegen Überschlag gestellt. Das ist dann Basisisolierung. Ein interessanter Sonderfall ist Schutz gegen elektrischen Schlag bei Arbeiten an der Elektrik. Also du schaltest einen Stromkreis spannungsfrei und fasst dann elektrische Leiter an. Dann muss die Abschaltung und die Isolierung gegen andere Stromkreise, zumindest meiner Erinnerung nach, dem Niveau von Basisisolierung entsprechen.
Bei rein funktionaler Isolierung bleibt eigentlich nur Verhinderung der Kriechwegbildung und ein geringer Schutz gegen Überschlag bei Überspannung. Wenn man in Relaisdatenblätter guckt, stehen da oft auch nur Werte wie 1000V AC (bei den großen HFE10 sind es 1500V) über offenen Kontakten. Und das auch nur im Neuzustand.
Aus der Sicht der entsprechenden Normen: EN61010-1 (Sicherheitsbestimmungen für elektrische Mess-, Steuer-, Regel- und Laborgeräte) bzw EN60664-1 (entspricht der nationalen VDE 0110, Isolationskoordination für Niederspannungsgeräte):
Es gibt die Kriechstrecken auf den Oberflächen von Isolierungen. Diese müssen groß genug sein, um eine Kriechwegbildung zu verhindern. Die Kriechstrecken sind abhängig von der Verschmutzungsklasse (normalerweise 2) und der Dauerspannungsbelastung.
Es gibt die Luftstrecken, also die kürzeste Entfernung in Luft. Das kann auch an Oberflächen entlang oder durch nicht wirksam verschlossene Spalte hindurch sein. Die Beständigkeit gegen einen Überschlag durch einen Überspannungspuls wird durch die Luftstrecke bestimmt. Abhängig ist die notwendige Luftstrecke von der Überspannungskategorie (bei uns III für Teile der Festinstallation), aus der sich zusammen mit der Netzspannung die Höhe zu bestehender Überspannungen ableiten lässt.
Diese beiden Größen werden unabhängig voneinander bestimmt und die größere Strecke bestimmt dann die Anforderung.
Die Kriechstrecken:
Bei Verschmutzungsgrad 2 und auf Platinen mit mindestens Isolierstoffgruppe IIIa oder besser (was bei FR4-Platinen eigentlich immer sein sollte) ergeben sich für:
(EN60664-1:2020, Tabelle F.5)
Spannung <=250V Effektivwert
Basisisolierung 1mm
Doppelte/verstärkte Isolierung 2mm
Und falls wir den Fall von zwei verschiedenen Phasen direkt benachbart betrachten: <=400V Effektivwert
Basisisolierung 2mm
Eine Frage waren ja auch Einfräsungen in Platinen. Ja, man kann sie nutzen, um Kriechstrecken zu unterbrechen. Bei Verschmutzungsgrad 2 rechnet man, dass die Kriechstrecke Nuten kleiner als 1mm überspringt, bei gleich oder größer 1mm wird die Strecke entlang der Kontur der Nut gerechnet. Für eine komplette Fräsung wird also die Strecke außen um die Fräsung gerechnet, wobei streng genommen am Ende der Fräsung dort, wo die Fräsung kleiner 1mm wird, diese übersprungen wird. Diese Abkürzung zählt dann aber auch zur Kriechstrecke.
Die Luftstrecken werden anhand der höchsten, auch nur kurzzeitig auftretenden Überspannung ausgelegt. Das sind im Netzspannungsbereich die Bemessungs-Stoßspannungen. Bei einem Spannungsversorgungssystem 230V/400V Dreiphasen und Überspannungskategorie III ist die Bemessungs-Stoßspannung 4000V (EN60664-1:2020, Tabelle F.1). Dies ist unabhängig davon, ob zwischen zwei Phasen, oder Phase und Neutralleiter.
Daraus ergibt sich für die Luftstrecke (EN60664-1:2020, Tabelle F.2, inhomogenes Feld, bis 2000m über Meereshöhe)
Basisisolierung 3,0mm
Doppelte/verstärkte Isolierung 5,5mm
(Für die verstärkte Isolierung wird von den 4kV aus der nächst höhere Spannungswert der bevorzugten Spannungen genommen, das sind 6kV.)
Wieviel Luftstrecke man zwischen Leiterbahnen offener Relaiskontakte haben sollte, ist jetzt nicht so einfach. Die Spannungsbeständigkeit der (offenen) Relaiskontakte wird meist als Effektivwert einer Wechselspannung für 1 Minute angegeben. Die EN60664-1 bzw EN61010-1 geben geforderte Luftstrecken in Abhängigkeit der Stoßspannungen an.
EN60664-1:2020, Tabelle A.1 zeigt jedoch auch rein informativ Abstände gegen Spannung und Stoßspannung.
Dort erreicht man mit 1,0mm eine Dauerspannungsfestigkeit von 1,06kV und mit 2,0mm 1,68kV (Effektivwerte). In der Zeile mit 3,0mm sind auch 4,07kV Stoßspannungsfestigkeit zu lesen, was mit den Werten aus F.2 übereinstimmt.
Man könnte daraus schlussfolgern, dass man bei einem Relais mit 1kV Spannungsfestigkeit über den (offenen) Kontakten mindestens 1,0mm Luftstrecke, bei 1,5kV 2,0mm einplanen sollte für die beiden Leiterbahnen der Kontakte zu sich selbst. Die Kriechstrecke für 250V sind auch nur 1mm.
Vom Gefühl her würde ich doch mehr nehmen als 1mm...
Bei Basis- und auch doppelter/verstärkter Isolierung werden die benötigten Abstände von der Luftstrecke bestimmt, die notwendigen Werte sind deutlich größer als die Kriechstrecke.
Und damit wird auch klar: Fräsungen bringen in diesen Fällen nichts. Es sei denn man steckt in die Fräsung noch was rein, was die Luftstrecke vergrößert. (Das gibt's tatsächlich in besonders kompakten (Handy-)Netzteilen.)
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Hallo Florian,
vielen Dank für die ausführliche Darstellung.
Dann sind wir doch zusammenfassend mit 1mm Abstand pro 100Veff als Daumenwert auf der sicheren Seite.
Für den Abstand zu SELF (in unserem Fall Netz <-> KNX, USB, etc.) gelten die schon öfter erwähnten 6mm.
Fräsungen können wir uns sparen, wenn doch dann breiter als 1mm.
Korrekt?
Grüße
Mirko
vielen Dank für die ausführliche Darstellung.
Dann sind wir doch zusammenfassend mit 1mm Abstand pro 100Veff als Daumenwert auf der sicheren Seite.
Für den Abstand zu SELF (in unserem Fall Netz <-> KNX, USB, etc.) gelten die schon öfter erwähnten 6mm.
Fräsungen können wir uns sparen, wenn doch dann breiter als 1mm.
Korrekt?
Grüße
Mirko
Re: Isolationsabstände / PCB Design für 230V-Anschlüsse
Äääh... ich verweise auf meinen ausführlichen Beitrag.
Warum Daumenregeln, wenn man konkrete Werte kennt? Ich verstehe Dein Ziel gerade nicht.
Warum Daumenregeln, wenn man konkrete Werte kennt? Ich verstehe Dein Ziel gerade nicht.